Holistische Erlebnisse schaffen mit Atmosphäre

Atmospheric Design ist die Schnittstelle von Technologie und Sinneserfahrung. Im Interview beschreibt Nadja Hipp, wie Raumatmosphäre definiert wird. Erfahre, wie virtuelle Erlebnisse gestaltet werden, die über das Visuelle hinausgehen und ein holistisches Erlebnis ermöglichen.

Du hast im Februar das CAS Atmospheric Design abgeschlossen. Was ist Atmospheric Design?

Mit Atmospheric Design schafft man holistische Erlebnisse, die alle Sinne ansprechen und die Wahrnehmung von Nutzer:innen verändern. Ein Raum wird durch seine Gestaltung, die Auswahl der Objekte darin - deren Beschaffenheit, Materialien und Oberflächen - durch die Farben, die Akustik und das Licht beeinflusst. Unsere Sinne teilen uns weitere Informationen zum Raum mit. Jeder von uns kann einen Raum beschreiben und vielleicht sogar die Atmosphäre darin.

Was hat das mit Websites und Applikationen zu tun?

Ich glaube, dass sich auch Websites in Zukunft stark verändern werden. Sie werden zu virtuellen Räumen oder akustisch-visuellen Erlebnissen in 3D. Entsprechend müssen wir jetzt lernen, wie wir sie gestalten und erweitern müssen. Digitale Inhalte werden in Zukunft immer mehr als holistisches Erlebnis für die Nutzer:innen gestaltet.

Was versteht man unter Atmosphäre?

Das ist die Beziehung zwischen einem Subjekt ( also einem Menschen) und einem Objekt (dem Gegenstand oder Raum) und deren Wirkungsweise. Sie wird auch durch die aktuelle Situation beeinflusst, in der ich mich gerade befinde. Weiter ist die Inszenierung und Symbolik wichtig. Nehmen wir zum Beispiel den Innenraum einer Kirche. Sie hat ihre eigene, besondere Atmosphäre und wird je nach Glauben und Einstellung sehr subjektiv wahrgenommen und doch kann sich die Mehrheit der Menschen auf bestimmte Eigenschaften einigen.

Wann hast du angefangen dich für Atmospheric Design zu interessieren?

Ich durfte einem Projekt beiwohnen, bei dem eine zerstörte Synagoge in einem virtuellen Raum Stein für Stein nachgebaut wurde. Das Amt für Denkmalschutz war beteiligt als prüfende Instanz. Als die Synagoge dann fertig war und ich sie virtuell zum ersten Mal betrat, war ich zuerst enttäuscht. Alles war perfekt nachgebaut, aber wie leblos. Es gab keine Geräusche, keinen richtigen Weg zum Gebäude und nichts darum herum. Später wurde ein mittelalterlicher Markt darum gebaut mit einer authentischen Geräuschkulisse. Innen dann flackernde Kerzen, die den virtuellen Raum in eine erhabene Atmosphäre tauchten. Die Gestaltung machte den entscheidenden Unterschied auf das Erlebnis.

Was ist mit Haptik und Geruch im virtuellen Raum?

Technische Innovationen sind bereits im Gange. Besuche ein 4D-Kino, um die Entwicklung hautnah zu erleben. Automobilhersteller investieren viel in Duft, Akustik und Haptik. Doch es geht nicht nur um Atmosphäre – die Situation und Umgebung sind ebenso entscheidend. Wo und wie findet der Besuch statt? Welche Mittel können das Erlebnis beeinflussen?

Wie hat sich deine Arbeitsweise verändert seit der Ausbildung?

Ich habe gelernt, mich viel mehr auf den kreativen Prozess einzulassen und dabei verschiedene Perspektiven einzunehmen. Im Agenturleben muss ich oft schnell mit einem Ergebnis kommen. Trotzdem lohnt es sich, Zeit in ein Konzept zu investieren. Wir arbeiten jetzt viel mehr mit physischen Modellen, virtuellen Simulationen und noch bewusster mit Prototypen.

Gibt es schon virtuelle Projekte, wo ihr die Atmosphäre gestaltet?

Ja, aktuell konzipieren wir ein Innovation Lab, das wir physisch und atmosphärisch ausgestalten werden. Das Lab wird weiter in den virtuellen Raum erweitert und so auch über grosse Distanzen erlebbar für die Mitarbeiter:innen der ausländischen Tochterfirmen. Für die interne Kommunikation und Vermarktung geben wir dem Lab eine eigene Identität innerhalb des bestehenden Corporate Designs. Das Lab muss für verschiedene Zielgruppen flexibel nutzbar werden. Das ist eine Herausforderung, aber mit moderner Technik und dank der virtuellen Erweiterung kreativ lösbar.

3 Tipps

Atmosphärisches Arbeiten

Berücksichtige die Umgebung und die aktuelle Situation, in der sich potenzielle Kundinnen und Kunden befinden, wenn sie erstmals mit deinem Unternehmen in Kontakt kommen. Denke nicht nur an den Weg dorthin, sondern auch an den Abschluss und die Situation danach.

Präsentiere dein Konzept visuell, z. B. mit einer Modellierung oder Visualisierung. Nutze multisensorische Elemente, um die Atmosphäre und Wirkung von Ideen und Vorhaben schon vor der Umsetzung zu vermitteln. Eine AR- oder VR-Simulation kann ebenfalls hilfreich sein. Im Bauwesen und bei Immobilien wird das schon aktiv umgesetzt.

Beschäftige dich nicht nur theoretisch mit zukünftigen Technologien, sondern versuche aktiv zu werden. Überlege dir, wie du die Räume - physisch wie auch digital - viel bewusster nutzen und ausgestalten lassen könntest. Mach dich mithilfe von Prototypen spielerisch damit vertraut. Unternehmen, die bereits über CAD-Modelle verfügen sind hier klar im Vorteil und schaffen es mit wenig Aufwand in kürzester Zeit einen virtuellen Raum zu nutzen.

Gern können wir Ideen unverbindlich zusammen besprechen.

© 2024 f5agentur gmbh.
Alle Rechte vorbehalten.